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Die Geschichte von Kloster Seeon

Das ehemalige Benediktinerkloster Seeon wurde im Jahr 994 gegründet. Seine über tausendjährige Geschichte ist mehr als wechselvoll – so wurden die einstigen Klostergebäude später auch als Schloss bewohnt, als Kurbad vermarktet oder als Lazarett genutzt, bevor sie 1993 zum Kultur- und Bildungszentrum des Bezirks Oberbayern umgewandelt wurden.

Unsere Zeitschiene gibt einen kompakten Überblick über wichtige Daten und Fakten der langen Historie der Seeoner Klosterinsel.

Sie möchten lieber vor Ort in die Geschichte von Kloster Seeon eintauchen und die historischen Gemäuer der ehemaligen Klosteranlage besichtigen? Einen ganz persönlichen Einblick erhalten Sie bei einer unserer Führungen.

Das heute geteilte Doppelporträt des Pfalzgrafen Aribo (links) und seiner Frau Adala (rechts) aus dem 18. Jahrundert © digitale Collage / Kloster Seeon

994Gründung des Klosters

Pfalzgraf Aribo I. und seine Gemahlin Adala stiften auf einer Insel im heutigen Klostersee an Stelle einer älteren Befestigungsanlage eine "cella", die sie dem Hl. Lambert weihen. Benediktinermönche, vermutlich aus dem Kloster St. Emmeram in Regensburg, besiedeln die Stiftung.

April 999Erste urkundliche Erwähnung

des Klosters anlässlich der Bestätigung seiner Privilegien durch Kaiser Otto III. und Papst Silvester II. Die Abtei ist nun reichs- und romunmittelbar. Die Klosterkirche St. Lambert wird Familiengrablege des Adelsgeschlechts der Aribonen. Diese werden bis 1102 die Vogtei über das Inselkloster ausüben.

Wertvolle mittelalterliche Buchmalerei auf Pergament.: Vor einem goldenen Hintergrund der Hl. Hieronymus mit einer Schriftroll, rechts und links neben ihm zwei Mönche als Schreiber. — Der Hl. Hieronymus mit zwei Helfern, vermutlich der Schreiber Konrad aus Seeon und sein Bruder Burkhard, Buchmalerei des Hillinus-Codex. Köln, Erzbischöfliche Diözesan- und Dombibliothek, Cod. 12, fol. 4v © Köln, Erzbischöfliche Diözesan- und Dombibliothek, Cod. 12, fol. 4v

seit dem 11 Jh. Angesehene ottonisch-frühsalische Schreibschule

Das frühmittelalterliche Inselkloster blüht schnell auf und erlangt als Stätte der Schreibkunst und Buchmalerei bald einen guten Ruf im ganzen Reich. Kaiser Heinrich II. (973/978 – 1024) lässt hier prachtvolle Handschriften fertigen, die heute in der Staatsbibliothek Bamberg verwahrt werden.

Blick in den Altarraum der heutigen Kirche St. Walburg: Ein gotisches Netzrippengewölbe, im hinteren Breeich zwei Kirchenfenster, durch die das Licht fällt, im Vordergrund Holzstühle — Blick in die heute Kirche St. Walburg (nach 1561 mit einem Gewölbe und manieristischer Ausmalung ausgestattet) © S. Aiblinger / Kloster Seeon

nach 1035Einrichtung eines Frauenkonvents

Parallel zum benediktinischen Männerkloster entwickelt sich wohl etwa zeitgleich ein Frauenkloster auf der kleineren der beiden Seeoner Inseln, die heute vollständig verlandet ist. Die ersten Bewohnerinnen stammen wahrscheinlich, wie das Patrozinium der heute noch an dieser Stelle befindlichen Kirche St. Walburg nahelegt, aus der Benediktinerinnenabtei St. Walburg in Eichstätt. Das Nonnenkloster besteht längstens nur bis in das frühe 13. Jahrhundert.

spätes 12. Jh.Fertigstellung der romanischen Säulenbasilika

Unter Einbeziehung von Teilen des ersten steinernen Vorgängerbaus (um 1080) errichten die Mönche im 12. Jahrhundert eine dreischiffige, romanische Säulenbasilika mit Flachdecke. Im Kern ist dieser Bau noch heute erhalten. Auch die Klostergebäude um den Kreuzgang werden erneuert.

13. Jh.Verlust der Reichsunmittelbarkeit und Schutz der Wittelsbacher Herzöge

1201 verliert das Kloster Seeon seine Reichsunmittelbarkeit, da es vom Erzbischof von Salzburg als Eigenkloster vereinnahmt wird. 1247 wählen Abt und Konvent den Wittelsbacher Herzog Ludwig und dessen Nachfolger zu ihrem Vogt. Die Vogtei, d.h. die weltliche Vertretung des Klosters in Rechtssachen, wechselte bis dahin häufig.

1300 / 1330Niedere Gerichtsbarkeit für das Kloster

Nach dem sogenannten "Hofmarksprivileg" Kaiser Ludwigs des Bayern von 1330 erhält der Seeoner Konvent das Recht der niederen Gerichtsbarkeit. Schon 1300 hatte das Kloster von Herzog Rudolf I. von Oberbayern ein Privileg erhalten, das dem Abt die Rechtsprechung über niedere Vergehen zubilligte.

Ein Raum mit drei Steinsäulen in der Mitte, darüber ein gotisches Netzgewölbe, farblich hellgrau abgesetzt von den weißen Wänden; zwischen den Säulen Tische mit schweren Stühlen: Der Gotische Keller der Klostergaststätte Seeon. — Der "Gotische Keller" in der heutigen Klostergaststätte Seeon © Günter Standl

ca. 1385 - 1433Spätgotische Umgestaltung von Kloster und Kirche

Die Basilika erhält ihre noch heute sichtbare architektonische Ausgestaltung; von dieser Bauphase zeugen die reichen Netzgewölbe der Kirche, der Kreuzgang, der Kapitelsaal (heute "Raum der Stille") und der ehemalige Weinkeller ("Gotischer Keller" in der Klostergaststätte).

18. April 1561Der große Brand

Ein Großbrand vernichtet einen Großteil der Klostergebäude und greift auch über den Steg auf die Kirche St. Walburg aus. Weitgehend verschont bleiben Klosterkirche, Abtskapelle und Hospital. in den folgenden Jahrzehnten erfolgt unter Abt Martin Kötterlin der Wiederaufbau. Beide Kirchtürme erhalten ihre charakteristischen Zwiebelkuppeln. Wertvolle Schätze der Klosterbibliothek gehen aber für immer verloren.

17. Jh.Umbau und Erweiterung des Klosters im Barock

Abt Sigmund Dullinger (1609 – 1634) und die "Barockprälaten" Honorat Kolb (1634 – 1653; gest. 1670), Columban I. Freitlsperger (1653 – 1665) und Roman Müller (1665 – 1671) gestalten die Seeoner Klostergebäude nach und nach zu einer modernen Barockanlage um. Trotz des 30-jährigen Krieges und der grassierenden Pest scheut allen voran Abt Honorat Kolb keine Kosten und Mühen, Seeon in nahezu fürstlicher Prachtenfaltung zu einem repräsentativen Komplex auszubauen, der unter seinen Nachfolgern vollendet wird.
Das heutige Gesicht der Klosteranlage geht in großen Teilen auf diese Baumaßnahmen zurück.

Ausschnitt der Stuckdecke im Musiksaal: Ein kleiner Engel trägt erntereife Ähren und symbolisiert damit die Jahreszeit Sommer — Detail der Stuckdecke im heutigen Musiksaal: Ein Putto repräsntiert, erntereife Ähren tragend, den Sommer © Günter Standl

18. Jh.Blütezeit im Rokoko

Kloster Seeon war bis auf wenige Ausnahmen seit dem Mittelalter ein erfolgreicher Wirtschaftsbetrieb mit z.T. weit entfernten Ländereien in Tirol und der Wachau, mit mehreren Propsteien und den Hofmarken Niederseeon (heutiges Dorf Seeon), Obing und Halfing und anderen vertreuten Gütern in der Region. Dieser hart erarbeitete Wohlstand ermöglichte den Äbten des 18. Jahrhunderts neuerliche Umbauten im Stil des Rokoko. Davon zeugen u.a. der heutige Musiksaal (repräsentativer Speisesaal des Abtes) und die neue, 1757 fertiggestellte Abtskapelle St. Nikolaus.

Porträt eines hellhaarigen Kindes vermutlich aus dem 18. Jahrhundert, bekleidet mit einer schwarzen Jacke und eine weißen Kragen, auf seinem Schoß ein grau-weißes Hündchen — Angebliches Bildnis des kleinen Wolfgang Amadeus Mozart aus der Familie von Haasy, heute im Besitz der Gemeinde Seeon-Seebruck. © Urheber unbekannt, Archiv Gemeinde Seeon-Seebruck

seit 1761Mozart und Seeon

In seiner Kindheit und Jugend besucht Wolfgang Amadeus Mozart, oft gemeinsam mit seinem Vater Leopold, mehrmals das Benediktinerkloster Seeon. Er unterhält freundschaftliche Bande u.a. zu Pater Johannes von Haasy und widmet dem Konvent mehrere Kompositionen, darunter die Offertorien "Scande coeli limina" (KV 34) und "Inter natos mulierum" (KV 72/74 f).

1803Aufhebung des Benediktinerklosters im Zuge der Säkularisation

Die mit dem Reichsdeputationshauptschluss verbundene territoriale sowie staats- und kirchenrechtliche Neuordnung des Alten Reiches sieht die Auflösung von kirchlichem und Ordenbesitz vor. Am 22. März 1803 wird der Kovent von Seeon offiziell aufgelöst.

1804Verkauf an Münchner Bäckermeister Franz Xaver Distler

Großteiliger Verkauf des Klosterkomplexes. Fortführung der Klosterbrauerei in Eigenregie.

1816Eröffnung Kurbad

Distlers Schwiegersohn Georg Reichenwallner eröffnet in den ehemaligen Klostergebäuden ein Kurbad; Aufschüttung eines Dammes zum Festland.

1852Verkauf von "Bad Seeon"

an Dona Amélie (1812–1873), die in Lissabon residierende Witwe Kaiser Pedros I. von Brasilien.

1873Fürst Nikolaus Romanowskij erwirbt Gebäude als Wohnsitz

Der Fürst ist der 4. Herzog von Leuchtenberg und mit der Zarenfamilie Romanow verwandt. Nach seinem Tod lassen die beiden Söhne den Seeoner Baukomplex 1892 zum Schloss umgestalten.

1934Ersteigerung von Schloss Seeon durch den Großindustriellen Dr. Max Wiskott

Vermietung der Anlage an die NSDAP zur Einrichtung einer SA-Schule; zugleich Teilnutzung durch den Reichsarbeitsdienst.

ab 1945Nachkriegslazarett, später Flüchtlingslager („Sudetenheimstätte“)

1953 - 1958Verkauf durch Familie Wiskott

Nach dem Verkauf wird das Schloss als Hotel mit Gaststättenbetrieb und Polstermöbelfabrik mit ca. 100 Beschäftigten genutzt.

1958 - 1978Schule des Bundesgrenzschutzes und Kaserne der Bayerischen Bereitschaftspolizei

Das Schloss diente zuerst als Schule des Bundesgrenzschutzes und anschließend als Kaserne der Bayerischen Bereitschaftspolizei. Während dieser Zeit wurden diverse Um- und Anbauten getätigt.

1978Erwerb durch die Erzdiözese München und Freising

Um die Übereignung an eine Sekte zu verhindern, erwarb die Erzdiözese München und Freising 1978 die Anlage.

1986Verkauf an den Bezirk Oberbayern

1989Umfangreiche Sanierung, Restaurierung und Modernisierung

1993Eröffnung des „Kultur- und Bildungszentrums des Bezirks Oberbayern“ mit Tagungshotel

1994Ausstellungstätigkeit

Mit der Ausstellung „Schreibkunst – Mittelalterliche Buchmalerei aus dem Kloster Seeon“, beginnt die weitgesteckte Ausstellungstätigkeit.

ab 2018Umgestaltung Außenanlagen und Sanierungsmaßnahmen

Die Außenanlagen sowie das Kloster Seeon werden umgestaltet und umfangreich saniert.